Staat ist Terror

Terror ist nichts anderes als rasche, strenge und unbeugsame Gerechtigkeit. Er ist eine Offenbarung der Tugend. Der Terror ist nicht ein besonderes Prinzip der Demokratie, sondern er ergibt sich aus ihren Grundsätzen, welche dem Vaterland als dringendste Sorge am Herzen liegen müssen.

Wolfgang Schäuble? Maximilien de Robespierre! Zwei große und bedeutende, gebildete Staatstheoretiker, Demokraten und Politiker schütteln sich über die Jahrhunderte hinweg die Hand im Einvernehmen. Dabei hat Robespierre mit deutlich stärkeren Karten den Terror ausgespielt. Er hat sich die Legitimation auf die monarchistische Bedrohung im Inneren und militärische Bedrohung von außen aufgebaut. BRD 2007 und ihr Wolfgang Maximilian Schäublespierre wagen ihr Spiel ohne solch einen Joker in der Hand durchzuziehen. Da scheinen sich die Spielregeln zu Gunsten der Spielleitung geändert zu haben …

Terreur – Furcht, Schrecken – ist dem Krieg und der Polizeigewalt entgegengesetzt. Terreur besetzt keine Orte, sondern die Gedanken. Terreur versetzt in Angst. Das Ziel ist nicht die Ergreifung oder Bestrafung Einzelner, sondern die Verbreitung allgemeiner Furchtsamkeit in der gesamten Bevölkerung. Die Palette des derzeit zu beobachtenden staatlichen Terrors ist breit; sie reicht von jederzeit möglichen simplen Überwachung von Telefon und Computer über Hausdurchsuchungen, Anklage durch Gedankengesetze wie den 129a, der schon Vorbereitung zu einer gedachten militanten Vereinigung unter Strafe stellt, Vorbeugehaft – früher Schutzhaft – bis zur angedachten gezielten Tötung als illegaler Kombattant.

Die dritte Spur, auf die sich der deutsche Innenminister einvernehmlich mit den Nachfolger_innen Gustav Noskes begeben hat, bewegt sich dort, wo kein Polizeirecht mehr greift und noch kein Militärrecht Anwendung findet. Diese „Lücke“ soll mit einem repressiveren Recht als den beiden genannten gefüllt werden. Die deutsche Regierung bewegt sich auf einem dritten Weg zwischen Kriegs- und Friedensrecht bzw. Verfassungstreue und Notverordnung. Der Rechtsstaat wird zum terroristischen Präventivstaat umgebaut. Selbstorganisierte Sicherheit der Bevölkerung wird durch Straftatbestände wie den geänderten §202 StGB ausgehebelt.

Gleiches gilt für die Kompletterfassung der sich legal auf deutschem Staatsgebiet befindlichen Personen mittels biometrischer Daten, also der Erfassung kleinster körperlicher Unterschiede, jederzeit griffbereit vorzulegen in einem Computerchip in Staatseigentum – dem Pass.

Begründet wird der terroristische Kampf mit dem Kampf gegen den Terror wegen gefälschter Ausweise. Nur um dem Purzelbaum die Zipfelmütze aufzusetzen, ergab eine kleine Anfrage im Bundestag die absolut fehlende Notwendigkeit dieser Maßnahme:

Frage einer Fraktion des Bundestages: Bei wie vielen der durchgeführten oder geplanten und aufgedeckten oder sonst verhinderten vermutlichen terroristischen Anschläge seit dem Jahre 2000 spielten bei Planung und Durchführung gefälschte deutsche Pässe oder Ausweise eine Rolle (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Anlass darstellen)?

Antwort der Staatsführung: Der Bundesregierung sind keine derartigen Fälle bekannt.

Die offensichtlichen, selbst in den Massenmedien hinterfragten Maßnahmen laufen zeitgleich mit der Unterdrückung von Personen, die sich frei versammeln wollen. Neben der seit jeher für Anarchisten und Anarchistinnen schikanösen Pflicht, eine Versammlung überhaupt anmelden zu müssen, eine Person als Leitung der Versammlung zu benennen, da sie sonst aufgelöst wird, sonstigen neuzeitlichen Einschränkungen wie dem Gebot des ungeschützten Kopfes zum Zwecke der Dokumentation, Klassifizierung und Auswertung in abgedunkelten Ermittlungsräumen sehen wir uns in Berlin zunehmenden Repressionsmaßnahmen ausgesetzt, die jedes Maß sprengen. Die körperliche Autonomie von Versammlungswilligen wird durch grabschende behandschuhte Hände versehrt, belegt mit dem euphemistischen Begriff Vorkontrolle. An der Seite geführte Transparente dürfen nicht breiter als 1,5 Meter sein, so dass keine Parole darauf mehr Platz findet. Trinkflaschen aus Glas dürfen nicht mitgeführt, Arbeitsschuhe mit Schutzkappen nicht getragen werden. Zudem werden viele Treffpunkte, an denen sich Menschen frei, friedlich und ohne Waffen versammeln wollen, kurzerhand durch Polizeibehörden verboten. Zuletzt geschehen bei den Solidaritätsdemonstrationen für die legalen Hausprojekte Köpenicker Straße 137 und Rigaer Straße 94. Obwohl diese Verbote im Nachhinein durch Gerichte kassiert werden, ist der Terror durch den Staat als Ganzes ohne die Trennung in Legislative, Exekutive und Judikative, wie sie die bürgerliche Ideologie postuliert, objektiv feststellbar und eine logische Konsequenz der Teilung in Herr- und Knechtschaft, wie sie auch im noch rudimentär vorhandenen Rechtsstaat vorzufinden ist.

Wir fordern nicht die Gewährung von Rechten, wir kritisieren nicht die Reaktion. Wir stellen wieder die Systemfrage.

Anarchistische Kritik
Anarchistische Föderation Berlin

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