ein paar gedanken zu unserem kampf gegen geschlechterrollen

Da ich als „Mann“ geboren wurde und seit einiger Zeit dabei bin, meinen Körper mittels Östrogen dem „weiblichen“ anzunähern,
somit offiziell als „transsexuell“ kategorisiert werde, bekomme ich die Folgen der Zweigeschlechterordnung besonders zu spüren. Viele Menschen, besonders Männer, sind verunsichert und wissen nicht wie sie sich zu mir verhalten sollen. So wie sie sich selber als Mann oder als Frau sehen und mehr oder weniger rollenkonform handeln, so wollen sie auch die anderen jeweils deren Geschlechterrollen entsprechend behandeln und erwarten von allen, daß sie es genauso tun. Wenn jemand bei diesem Rollenspiel nicht mitspielen kann oder will, so wie ich,wird diese person oft als anstrengend und schwerig empfunden.

Der Staat, Krankenkassen und der Rest der Gesellschaft verlangen von Transfrauen (von Transmännern etwas weniger) häufig, daß sie sich besonders rollenkonform verhalten. Aber warum soll ich die Männerrolle ablegen, nur um eine neue Rolle anzunehmen und mich wiederum selbst zu verleugnen?
Um die Geschlechterrollen zu sprengen, reicht es nicht aus, die Grenzen zwischen den Geschlechtern einzureissen (mittels crossdressing, sichtbarer Trans- und Intersexualität, usw.), auch wenn das schon ein Fortschritt ist. Wir sollten versuchen, unsere Geschlechtlichkeit und die der anderen als etwas individuelles, also als jeweils einzigartig, jenseits irgendwelcher Rollenkonstrukte wahrzunehmen. Wir müssen aufhören, uns aufgrund berechtigter Angst vor gesellschaftlichen Nachteilen (bis hin zu körperlicher Gewalt) an Geschlechternormen anzupassen und versuchen, auch die anderen Menschen nicht mehr nach diesen Normen zu behandeln.
Je mehr wir dies erreichen, umso weniger können uns der Staat und andere Autoritäten über unser Geschlecht manipulieren.
Und: Je mehr Menschen gegen die Geschlechterordnung handeln und sich dabei einander gegen Angriffe und Ausgrenzung unter- stützen, umso geringer wird die Gefahr von gesellschaftlichen Nachteilen für uns.

saskia

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4 Antworten zu ein paar gedanken zu unserem kampf gegen geschlechterrollen

  1. Kim sagt:

    Also ich versteh‘ da was nicht… warum hört ihr dann damit nicht auf in Geschlechterrollen zu denken? Also ich mein, da fängt die Sache doch bereits an. Folgender Satz:

    „Da ich als ‚Mann‘ geboren wurde und seit einiger Zeit dabei bin, meinen Körper mittels Östrogen dem ‚weiblichen‘ anzunähern,“.

    Mann? Weiblich? Bisserl heteronormativ, oder? Das ist dann immer auch irgendwie das paradoxe… einerseits soll es keine Geschlechter geben, andererseits werden um diese These zu stützen dann zwweigeschlechtliche Begriffe verwendet. Aua. Eine Freundin von mir sagte mal „es gibt keine Geschlechter, die sind nur konstruiert“. Als ich sie fragte, was denn nun die biologischen Unterschiede zu bedeuten haben antwortete sie: „bis auf die körperlichen Merkmale“. Und hier beisst sich dann die Theorie selbst in den Penis – wer meint, Geschlecht über die Rolle definieren zu müssen (auch ein sich gegen Rollen wehren gehört dazu), wird am Schluss sie Heteronormativität noch stärken, anstatt sie zu „bekämpfen“. Liegts am Übersetzungsfehler? Meines Wissens nach bedeutet Heteronormativität zumindest im englischen Sprachraum, eine Annahme Geschlecht wäre zu 100 Prozent am Körper abzulesen woraus dann der Rest folgen soll: Mann=Penis=MussVaginaficken=MussmännlicheGeschlechtsidentitätbesitzen usw.

    Dass Geschlecht aber aus vielen Facetten besteht und hier einige auch voneinander abweichen können (sexuelle Orientierung, Rolle, Körper,…) will ersteinmal bemerkt werden. Das geht aber letztendlich nur durch das Entdecken des eigenen „Selbst-Geschlechtes“ oder biologisch ausgedrückt, des Gehirngeschlechtes des Menschen. Aber was das Gehirn als geschlechtsbestimmendes Organ angeht, das wird von denen, die selbstbestimmt in ihrem eigenen Geschlecht anerkannt werden wollen (und mit eigenem, meine ich eigenem… egal wie das aussieht) ja auch wieder in Deutschland oft abgestritten…. Ojee. Wir haben noch viel zu tun… 🙂

  2. Benjamin sagt:

    Hallo, Kim. Ich will mal versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, auch wenn ich nicht *die* Kapazität in Sachen Gender bin. Also:

    Das biologische Geschlecht (sex) gibt es nicht, weil chromatisches, somatisches und hormonelles Geschlecht voneinander abweichen können; und Menschen, die nicht dem einen oder anderen Geschlecht zugewiesen werden können, erfahren Diskriminierungen. Das ist mit zweigeschlechtlicher Ordnung gemeint, und mehr steckt da auch nicht dahinter. Und ob Du nun aus Ermangelung genauerer Terminologie die Begriffe ‚männlich‘ oder ‚weiblich‘, (zumal in Gänsefüsschen) zu Hilfe nimmst, ist doch schnuppe.

    Das Wort Geschlechtsrolle impliziert per definitionem das es eine feste Vorstellung gibt, was akzeptabel ist und was nicht, und wer aus der Rolle fällt, wird auf die eine oder andere Art zur Rechenschaft gezogen. (Keine Rolle ohne Drehbuch.)

    Heteronormativität bedeutet nicht, dass mensch Vorurteile irgendeiner Art hat. Es bedeutet lediglich, das Du Heterosexualität als ‚die Norm‘ anerkennst, während die Queer Theory behauptet, dass es keine Norm gibt ( Heterosexualität übrigens auch nicht … ). Danach gibt es keine Gene, keine Hormone und keine frühkindliche Prägung die Dich auf Lebenszeit schwul/lesbisch/bi/hetero machen, sondern nur gesellschaftliche Zwänge die Dich davon abhalten. Klingt radikal? Ist es auch.

  3. Petra Harris sagt:

    Vor lauter rosa für Mädchen und babyblau für Jungen sehe ich nur noch schwarz.

  4. webi sagt:

    Ich kann mir vorstellen das es für deine Mitmenschen nicht leich tist dich zu einer „Rolle“ zu zu ordnen und es ist eigentlich schade, dass sies es dennoch versuchen! Aber so ist der Mensch nun mal! Mann ist Mann Frau ist Frau! Ich denke das wird niemand so schnell aus ihren Köpfen bekommen!

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